Aktenordner, Büroordner, Stehsammler… Man füllt sie mit Dokumenten und stellt sie ins Regal. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen, oder? Aber wie hübscht man beispielsweise den Content rund um einfachste Büroutensilien auf und wie könnte man solche ggf. bewerben? OK, dem gewieften PR´ler kommt da wahrscheinlich sofort der Gedanke an eine repräsentative Studie, in der ein für alle Mal geklärt wird ob die Nutzer vorzugsweise alphabetisch oder nach Aktualität abheften. Aber die Studie gibt es wahrscheinlich schon…
Um es vorweg zu nehmen: Ich habe auch keine richtig gute Idee. Allenfalls kann ich von einem alternativen Aktenordnergebrauch berichten. Bei Ordnern denke ich nämlich immer sofort an Sabine M. (Name redaktionell geändert, weil ich sowas schon immer mal tun wollte). Ihr begegnete ich gegen Ende der neunziger Jahre, als ich für einige Monate in einem ziemlich großen Direktmarketing-Unternehmen tätig war. Die Dame stand in einer geradezu symbiotischen Beziehung zu einem schnöden, roten Büroordner, den sie dank eines Briefklemmers auf der Frontseite auch als Schreibbrett nutzte und den sie nie nie niemals aus der Hand gab.
Mit diesem Bürordnerschreibklemmbrett wuselte sie Tag ein, Tag aus durch Flure, Gänge und Büros des Unternehmens, wirkte dabei auffällig busy und irgendwie auch sehr wichtig, entfaltete gewissermaßen eine Aura von Autorität, wenn nicht gar exekutiver Gewalt.
Notierte sie einmal etwas, veränderte sie zumeist ihre Position und trat an eine Stelle, an der sie für möglichst viele Kollegenaugen sichtbar war. Den Blick auf ihre Notizen gab sie dabei niemals frei. Und so bestand eigentlich keinerlei Zweifel, wer im Unternehmen federführend war.
Sabine M. und ihr roter Büroordner waren bei jeder Schulung, Präsentation, Besprechung etc. zugegen. Sie sprach nicht viel, was daran lag, dass sie sehr selten angesprochen wurde. Schließlich war es im Zuge einer Konversation jederzeit möglich, dass man mit einer Notiz oder einem, im Ordner abgelegten, Dokument konfrontiert wurde. Dem ging man dann doch lieber aus dem Weg.
Zusammengefasst kann man sagen, dass der Ordner Sabine jederzeit Schutz vor überflüssigen Nachfragen, ein starkes Image der Kompetenz und vor allem ein sicheres Alibi verschaffte.
Um es auf den Punkt zu bringen: Ich habe Sabine M. niemals arbeiten sehen. Keine Ahnung, ob sie keine Lust oder schlicht keine echte Aufgabe hatte. Dank ihres Aktenordners stellte sie sich dabei aber ziemlich clever an.
Das könnten Sie doch (ganz theoretisch) auch,
oder?
Natürlich können Sie jetzt anführen, dass Subtilität spätestens seit Tinder tot ist und heutzutage doch eh alle ein Tablet unterm Arm haben?
Dem entgegne ich dann: Eben!
Beim nächsten Mal erzähle ich Ihnen von dem Typen mit dem Schutzhelm auf der Heckablage.
Oder so...